Cannabis ist jetzt couchgerecht
Seit 1. April 2024 ist der Anbau, Besitz und Konsum von Cannabis in Deutschland legal. Was bedeutet das für Mieter, Nachbarn und Vermieter? Welche Auflagen gibt es – nicht zuletzt, um Kinder und Jugendliche zu schützen?
Wie wirkt sich die gesetzliche Freigabe im Mietrecht aus?
Drohten bislang selbst beim Anbau zu medizinischen Zwecken Haft- und Geldstrafen, gehört der häusliche Rausch jetzt zum Grundrecht des Mieters auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Jede volljährige Person darf bis zu drei weibliche Cannabispflanzen in der Wohnung, auf dem Balkon oder im Garten anbauen (die durchschnittliche Ernte pro Pflanze beträgt 20 bis 30 Gramm Marihuana). Darüber hinaus dürfen nun bis zu 50 Gramm getrocknetes Marihuana pro Kopf zuhause aufbewahrt werden. Auch das Kiffen im Wohn-bereich ist erlaubt – ebenso wie das Zigarettenrauchen zählt es im Allgemeinen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung.
Solange der Mieter sich an die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen hält (was in der Praxis schwer nachzuweisen ist), können Vermieter den Konsum des Rauschmittels also nicht verbieten, unter gewissen Umständen jedoch einschränken. „Ausnahmen sind vielleicht dann gegeben, wenn der Mieter exzessiv raucht und dadurch eine extreme Beeinträchtigung der Nachbarn im Mietgebrauch verursacht wird“, erklärt Fachanwalt Alexander Bredereck. Denn neben dem Recht auf freie Entfaltung gibt es im Mietrecht auch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Wird der Nachbar durch den Geruch der Pflanzen oder des Cannabiskonsums auf Balkon oder Terrasse stark beeinträchtigt, muss der Raucher sich einschränken.
So können im Mietvertrag, ebenso wie beim Zigarettenrauchen, bestimmte Uhrzeiten vereinbart werden. Bei starker Geruchsbelästigung ist auch eine Mietminderung gerechtfertigt.
Schäden an der Wohnung vermeiden. Der Eigentümerverband Haus & Grund Stuttgart weist im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten darauf hin, Schäden an der Wohnung durch intensive Beleuchtung, Belüftung oder Bewässerung der angebauten Pflanzen zu vermeiden. Schäden, die durch intensives Rauchen entstehen (wie stark vergilbte Tapeten), muss der Mieter beim Auszug beseitigen.
Kinder und Jugendliche schützen
Wer Cannabis anbauen möchte, muss den Jugendschutz wahren. Laut Bundesministerium für Gesundheit sind Cannabispflanzen in abschließbaren Schränken oder Räumen aufzubewahren, wenn Kinder oder Jugendliche zum Haushalt gehören. Der Anbau im Garten oder auf dem Balkon ist dann also nicht möglich. Wer wissentlich Cannabis an Minderjährige weitergibt, riskiert eine Mindesthaftstrafe von einem Jahr (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Auch der Konsum in unmittelbarer Nähe von Kindern und Jugendlichen ist verboten. Das gilt auch für alle zur Wohnung oder zum Haus gehörigen Freiflächen und Spielplätze.
Wer sichergehen möchte oder den Aufwand eigener Züchtung scheut, kann Mitglied eines Anbauvereins werden. Das dort gezogene Gras darf ab Juli an die Vereinsmitglieder abgegeben werden. Eingeschränkt ist die Abgabe an Volljährige bis 21 Jahre: Sie dürfen pro Monat höchstens 30 Gramm Cannabis über die Anbauvereinigungen beziehen, mit einem THC- Gehalt von höchstens zehn Prozent.
Gesundheitliche Aspekte. Viele Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland warten schon lange auf die Freigabe von Cannabis, zumal das nicht halluzinogene Cannabidiol (CBD) nachweislich schmerzlindernde, entzündungshemmende und angstlösende Eigenschaften besitzt. Cannabis enthält jedoch meist einen Anteil des psychoaktiven Tetrahydrocannabinols (THC), dessen Wirkung umstritten ist, zumal sie sowohl von der Form der Einnahme als auch vom jeweiligen Konsumenten abhängt. In der Regel wirkt THC, als Joint geraucht, berauschend und entspannend, es kann aber auch Übelkeit, Schwindel und Angstgefühle auslösen. Die Techniker Krankenkasse (TK) weist auf die etwaigen Folgen eines fortgesetzten Kon-sums hin: Wer regelmäßig und intensiv Cannabis mit hohem THC-Gehalt zu sich nimmt, habe demnach ein erhöhtes Risiko, eine psychische Störung zu entwickeln oder an einer Psychose zu erkranken.
Für Heranwachsende können die etwaigen Folgen noch prekärer sein, da die Hirnentwicklung erst mit Mitte 20 abgeschlossen ist. „Wird das Gehirn regelmäßig mit THC geflutet, kann dies die Reifeprozesse und damit verbunden die Persönlichkeitsentwicklung stören“, warnt die TK. Neurobiologen wie Professor Martin Korte erkennen eine Störung der Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsfunktionen. Ob junge Menschen gefährdet sind, hängt nicht zuletzt von der genetischen Veranlagung ab.
Quellen: juris.bundesgerichtshof.de, JuraForum.de, dejure.org, anwalt.de, immonewsfeed.de, haus-und-grund-vertrag.de, kanzlei-franz.com, forum-nachhaltigeimmobilien.com